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Redaktion Glaswerkstatt

Bleiverglasung – Erstellung und Restauration

Aktualisiert: 20. Nov. 2023


Bleiglasfenster kennen die meisten aus Kirchen und herrschaftlichen Häusern aus der Zeit zwischen Mittelalter und Jahrhundertwende. Die bunten Fensterbilder werden aus einzelnen zurechtgeschnittenen Glasstücken zu einer Bleiverglasung zusammengesetzt. Optional werden diese auch mit verschiedensten Techniken veredelt. Die Motive werden häufig im Jugendstil oder Art-Floral entworfen. Der Herstellungsprozess ist hochkomplex, fordert viel Fachwissen und ein hohes Maß an Planung. Erfahren Sie mehr über die Erstellung und Restauration der Bleiverglasung.


Was sind Bleiglasfenster?

Die Bleiverglasung hat ihren Ursprung im Hochmittelalter in Europa. In dieser Zeit gab es keine Möglichkeit, großformatige Flachgläser zur Verglasung der Kirchenfenster herzustellen. Flachgläser wurden im Mundblasverfahren handgefertigt. Diese Technik ließ jedoch nur die Herstellung kleiner Glasformate zu. Um die Verglasung dieser großformatigen Fensteröffnungen zu realisieren, wurden einzelne Gläser mithilfe von Bleiprofilen zu großformatigen Scheiben zusammengesetzt. Dies kam dem Wunsch der bildhaften Gestaltung der Fenster entgegen. Die damalige mehrheitlich analphabetische Bevölkerung konnte so durch bildhafte Darstellung einzelne Bibelgeschichten nachvollziehen.


Die heutigen Bleiverglasungen können mehrfarbig oder auch klar sein, bei Letzterem liegt der Fokus insbesondere auf der Glasart und dem Muster. Da heutzutage erheblich mehr Glasarten und Varianten zur Verfügung stehen, die sowohl traditionell handgefertigt, aber auch industriell hergestellt werden, ergeben sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Sowohl im sakralen Baubereich im Rahmen von Restaurierungen als auch im modernen profanen Bau bieten sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Mithilfe von halbtransparenten Gläsern lassen sich Sichtschutzelemente gestalten sowie farbige Bildwerke. Fensterbilder aus Gussornamentgläsern werden gern für das Badezimmer verwendet, da sie schlichter aussehen und eine gute Sichtschutzfunktion bieten. Für diese Art von Bleiglasfenstern wird in der Regel weißes und klares Glas verwendet. Es zeichnet sich durch die unterschiedlich ornamentierten Oberflächen und die kleinen Glaselemente aus. Aufgrund der heterogenen Oberflächen des Fensters entstehen verschiedene Lichtbrechungen.


Die Erstellung und Restauration der Bleiverglasung

Für die Erstellung und Restauration von Bleiglasfenstern ist viel handwerkliches Geschick, Erfahrung, Fachwissen und eine ruhige Hand nötig. Weiterhin sind spezielle Materialien notwendig, zum Beispiel Bleiprofile, Glasmalfarbe und passendes Glas, welche unter anderem mit einem Glasschneider, einer Kröselzange, einem Lötkolben und einer Eisensäge bearbeitet werden. Die Fenster werden hergestellt, indem einzelne Glasstücke durch U-, Y- und H-förmige Bleiprofile eingefasst und entlang der Kanten miteinander im Flechtverfahren verlötet werden. Das weiche und formbare Blei eignet sich gut dazu, die Glasstücke miteinander zu verbinden, als tragendes Element ist es allerdings wenig belastbar. Daher wird an der Rückseite eine Verkittung eingebracht, um die Stabilität und die Dichtigkeit gegen Regen und Wind zu gewährleisten. Die rückseitige Verkittung wird innerhalb der Glaserzunft auch als „die Seele der Bleiverglasung“ betitelt.


So funktioniert die Erstellung von Bleiglasfenstern

Zunächst ist ein Entwurf für die Erstellung der Bleiglasfenster nötig. Dieser kann auf Papier gezeichnet und anschließend in ein Motiv für die Bleiverglasung umgewandelt werden. In diesem Schritt geht es darum, ein gezeichnetes Motiv in einen glasgerechten Entwurf umzuwandeln, welcher als Bleiglasfenster realistisch umsetzbar ist. Weiterhin gehört die Farbwahl zur Vorbereitung der Bleiverglasung. Im Grunde sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, allerdings sollten die Farben für ein ästhetisches Ergebnis miteinander harmonieren. Je nach Motiv kann es auch wichtig sein, die richtigen Farbtöne und Veredelungstechniken zu definieren. Zum Beispiel können für Wasser oder den Himmel unterschiedliche Blautöne mit Sandstrahlungen gewählt werden, um Wolken oder Wellen abzubilden.


Im nächsten Schritt wird der Entwurf an die Maße der Fensterfläche angepasst. Dafür wird der Papierentwurf in zweifacher Ausführung vergrößert, sodass eine Version als Vorlage verwendet werden kann, auf der die Glasteile zusammengelegt werden. Aus der zweiten Version schneidet man Schablonen für die einzelnen Glaselemente. Anschließend können die einzelnen Schablonen auf die gewählten Glaselemente in den entsprechenden Farben gelegt und die Glasstücke mit einem Glasschneider ausgeschnitten werden. Dabei wird das Glas nicht vollständig durchgeschnitten, sondern lediglich angeritzt und im Anschluss, durch das Ausüben von Druck, der Schnitt geöffnet. Sind die Elemente zugeschnitten, werden die Kanten mit einer Glasschleifmaschine entgratet.


Nach dem Zuschnitt geht es darum, die einzelnen Glasstücke zu verbleien. Dafür werden die Elemente mit Bleiprofilen per Handarbeit zusammengefügt. Somit gewinnen die einzelnen Bleiprofile an Form und etwas Stabilität, bevor sie gelötet werden. Damit die Fenster wasser- und luftdicht sind, werden die offenen Bleiprofile rückseitig verkittet. Dafür arbeitet man eine Kitlösung in die Zwischenräume der Bleiruten ein. Dies dient somit als Dichtungsmittel und erhöht die Stabilität.


Restauration

Viele Bleiglasfenster stammen aus dem Mittelalter, weshalb nicht nur die Erstellung, sondern ebenso die Restauration der Fenster ein wichtiger Bestandteil der Arbeit mit Bleiglas ist. Fehlt ein Stück des Fensters oder hat es einen Sprung, bedarf es einer Reparatur. Bei Bruchschäden müssen die fehlenden Teile nachgebildet werden. Dabei unterscheidet sich die Vorgehensweise nicht von der Erstellung der Fenster. Für das fehlende Stück wird eine Schablone angefertigt und ein entsprechendes Glaselement zugeschnitten. Anschließend wird es eingesetzt und gelötet. Ist das Glas lediglich gesprungen, kann es meist kaum sichtbar verklebt werden.


Da wir oft denkmalrechtliche Vorgaben haben, liegt der Fokus auf maximalem Substanzerhalt, weshalb einfache Brüche verklebt und stark gebrochene Scheiben originalgetreu ersetzt werden.


Foto von Pixabay auf Pexels

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